Abenteuer Nachhaltigkeit Ein Artikel der Straßenzeitung zebra.
Ein Land im Himalaja zeigt, dass eine ökologische Wende möglich ist. Was als Vision begann, ist durch mutiges Handeln Wirklichkeit geworden: Sikkim, ein kleines Land im östlichen Himalaja, ist das erste vollständige Bioland der Welt.
Text: Marlene Erschbamer
Foto: Unsplash by Pulak Bhagawati
Ein Artikel der Straßenzeitung zebra. vom Mai 2023
Ein Land im Himalaja zeigt, dass eine ökologische Wende möglich ist. Was als Vision begann, ist durch mutiges Handeln Wirklichkeit geworden: Sikkim, ein kleines Land im östlichen Himalaja, ist das erste vollständige Bioland der Welt.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind in Sikkim eine jahrhundertealte Tradition, die mit dem Verständnis des Menschen und seiner Rolle gegenüber der Natur zusammenhängt. Die Menschen verstehen sich als Teil der Natur und nicht als ihr Beherrscher. Sie leben im Bewusstsein, dass Mensch und Natur untrennbar miteinander verbunden sind und behandeln die Natur daher sehr respektvoll. Diese enge Beziehung wird unter anderem durch Legenden bestimmt, die von Generation zu Generation weitergegeben werden und das Bewusstsein der Menschen prägen. Dieses Naturverständnis ist Teil des kulturellen Gedächtnisses geworden und stiftet Identität.
Ein Berg als Mahnmal
Zahlreiche Legenden ranken sich um den dritt-höchsten Berg der Erde, Kangchendzönga, der wie ein Mahnmal über Sikkim thront. Dieser Berg wurde zum zentralen Ordnungselement und stiftet bis heute Einheit und Solidarität unter den sehr unterschiedlichen Ethnien Sikkims. So glauben die Lepcha, die indigene Volksgruppe Sikkims, dass sie von diesem Berg abstammen. Auch die Bhutia, eine ethnische Gruppe tibetischen Ursprungs, haben eine enge Verbindung zu dem Berg: Sie betrachten die Gottheit, die ihrer Überlieferung nach auf dem Berg wohnt, als oberste Schutzherrin und alleinige Besitzerin des Landes.
„Wie der Mensch der Natur begegnet, so begegnet sie auch ihm“- Hedwig Conrad-Martius
Es ist nicht verwunderlich, dass die verschiedenen Ethnien eine enge Beziehung zur Natur pflegen. Die Menschen können beobachten, dass der dritte Pol, wie der Himalaja wegen seiner Eismassen und Wasserressourcen genannt wird, dahinschmilzt und bekommen immer stärkere und häufigere Naturkatastrophen zu spüren. Politik, Wirtschaft und Bevölkerung haben erkannt, dass hier gemeinsam gehandelt werden muss.
Handeln statt abwarten
Das politische Engagement für den ökologischen Landbau startete vor 20 Jahren, als der damalige Ministerpräsident von Sikkim, Pawan Chamling, seine Vision von Sikkim als ersten Bio-Bundesstaat Indiens vorstellte. Seitdem hat sich viel getan: Politische Maßnahmen, Schulungen und schließlich eine schrittweise Umstellung haben den kleinen Bergstaat tatsächlich zum ersten nachhaltig wirtschaftenden Land der Welt gemacht. Gentechnik, chemische Dünger und Pestizide sind per Gesetz verboten, aus-schließlich eine rein ökologische Landschaft ist erlaubt. Die Euphorie der Anfangsjahre ist zwar abgeflacht, denn es steckt viel Arbeit dahinter, doch die Marke „Organic Sikkim“ lebt weiter und hat noch immer Potenzial.
Sikkim: Im östlichen Himalaja, zwischen Nepal, Tibet und Bhutan, liegt das ehemalige buddhistische Königreich Sikkim, das seit 1975 ein indischer Bundesstaat ist. Sikkim und Südtirol haben einige Gemeinsamkeiten: Beide sind von Bergen umgeben, sind Grenzregionen, wurden nicht ganz freiwillig Teil eines Staates und werden von sprachlichen und kulturellen Minderheiten bewohnt.